Die GDM-K im Gespräch mit Christopher Korntner-Kanitz und Harald Hammer
FH-Prof. DI Dr.in Margarethe Überwimmer im Gespräch mit...
Christopher Korntner-Kanitz, FH-Professor für Internationales B2B Marketing am Studiengang Global Sales and Marketing (GSM) in Steyr. Seit vier Jahren an der FH tätig mit den Forschungsschwerpunkten Digitales und KI-basiertes Marketing, E-Commerce und Markenführung, verheiratet, zwei Töchter, die Große ist gerade in die Schule gekommen.
Harald Hammer. FH-Professor für Export Management am Studiengang Global Sales and Marketing (GSM) in Steyr. Seit fünf Jahren an der FH tätig mit den Forschungsschwerpunkten Exportresilienz, Nachhaltige Geschäftsmodelle und AI basiertes Verhandeln.
Vizepräsidentin Dr. Regina Aichinger MSc betrachtet das diesjährige Generalthema unter dem Blickwinkel von Transformation und damit einhergehender Ambivalenz und Unsicherheit sowie Chancen und Möglichkeiten. Der Umgang mit jedem der beiden Themenbereiche setzt voraus, sich eingehend mit Vielfalt sowohl bei den Menschen als auch dem Umgang mit Technologien und deren technischer Umsetzung auseinander zu setzen. Der Einsatz von Diversitätsmanagement sowie von Technologien der künstlichen Intelligenz bedeutet damit ebenso, verantwortungsvoll und ethisch korrekt mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umzugehen. Besonders herausfordernd dabei ist, dass insbesondere Ambivalenz auch zu vorschneller Einschätzung und Beurteilung führen kann und Werte und Normen verschoben werden. Das ist die eine Seite der Medaille.
Auf der anderen Seite bergen der Einsatz von Diversitätsmanagement sowie künstlicher Intelligenz große Chancen und Möglichkeiten, den Alltag im privaten wie auch beruflichen Kontext unglaublich zu bereichern, sich neue Perspektiven und Erkenntnisse zu verschaffen und bis dato unbekannte, neue Dinge zu erschließen. Viel Potenzial für Kreativität, für Innovation und damit wesentliche Parameter, um die gesellschaftliche, wirtschaftliche und auch wissenschaftliche Weiterentwicklung voranzutreiben. Insbesondere die FH Oberösterreich mit den in und für sie tätigen Menschen, den Fakultäten und Studiengängen, den Forschungsgruppen und -projekten bietet die besten Voraussetzungen dafür, mit dem erarbeiteten und erschlossenen Wissen und den Kompetenzen zur Lösung der Probleme der menschlichen Gesellschaft beizutragen. Dafür setzen wir uns ein.
Welche Schwerpunkte setzt du, bei denen Künstliche Intelligenz eine Rolle spielt?
Wir müssen unterscheiden zwischen Kursen, bei denen Künstliche Intelligenz im Zentrum der Lehre steht und Kursen, bei denen Künstliche Intelligenz unterstützen kann. Im Kurs AI/Digital Marketing and Sales Lab, den wir beide anbieten, widmen wir uns dem Thema KI direkt im Kurs als eine Chance und Möglichkeit, Marketing- und Vertriebsabläufe zu verbessern, hinsichtlich der Effizienz und auch der Effektivität. Zudem testen wir mit den Studierenden KI-unterstützte Lösungen, wie bspw. Chatbots und auch Eyetracking-Brillen, welche wir im Rahmen unseres neuen FH Digispaces aktiv in der Lehre für Verhandlungstrainings einsetzen können. Auch im Kurs Customer Journey Lab nutzen wir die Eyetracking-Lösungen im DigiSpace, hier jedoch die stationären, die auch die Messung von Emotionen ermöglichen, um die Wirkungen von Werbemaßnahmen und Webseiten zu messen. Darüber hinaus befassen wir uns zusammen mit den Studierenden auch damit, wie KI bei der täglichen Arbeit unterstützen kann, sei es beim sprachlichen Korrekturlesen des Assignments oder als inhaltliche/r Lern-Tutor*in in der Klausurvorbereitung.
Künstliche Intelligenz bringt Chancen und Risiken für Diversität. Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?
Ganz plakativ: Schreibe ich einen Prompt zur Ausgabe eines Bildes in einem der großen GenAI Language Models (ChatGPT, Gemini etc.) und möchte erfolgreiche Geschäftsleute zeigen, sind auf den generierten Bildern meist nur Männer abgebildet. Möchte ich Bilder aus dem Pflegebereich zeigen, fast nur Frauen. Klischees und über Jahrzehnte gefestigte Stereotypen spiegeln sich momentan leider auch in der KI wider. Zudem müssen all diese Modelle trainiert werden und dies passiert momentan auch zum Großteil von Männern, d.h. es kommt ganz logisch aktuell zu Verzerrungen. Darüber hinaus lernen die Algorithmen von existierenden Inhalten. Existieren mehr Inhalte zu bestimmten Themen und aus bestimmten Regionen oder von bestimmten Zielgruppen, werden diese Inhalte überrepräsentiert. Das ist ein Risiko aber auch eine Chance zugleich, denn KI hält uns hier einfach den Spiegel unserer Gesellschaft vor, die immer noch leider alles andere als divers ist. KI zeigt uns somit auf, welche Hebel wir grundsätzlich in unserer Gesellschaft haben, die Diversität auf allen Ebenen zu erhöhen und das ist eine Chance!
Worin siehst du die größten Herausforderungen?
Je diverser die Modelle bereits in der Entwicklung und im Training sind, je stärker sie von einer diversen Zielgruppe genutzt werden, desto eher wird auch Diversität in die Modelle einfließen. Auch wenn wir in Europa eher dabei sind, Dinge zu überregulieren, befürchte ich, dass es an der Stelle ohne stärkere Regulierung nicht funktionieren wird.
Was braucht es, um innovative und verantwortungsbewusste Antworten auf die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu geben?
Es braucht offene, reflexionsfähige Menschen aus allen Demografien, die zusammen an den Lösungen unserer Zeit arbeiten. In dem Moment, in dem die nächste Wahl wichtiger ist als das langfristige Wohl der Bevölkerung, verfehlen gewählte Volksvertreter*innen Ihren Beruf. In dem Moment, in dem die einzelnen Menschen denken, allein können sie nichts bewirken in dieser großen Welt, verfehlen sie ihre eigene Verpflichtung, für ihre Interessen und Ideale in der Gesellschaft einzustehen. In dem Moment, in dem wir weiter machen, wie bisher, einfach „weil es schon immer so war“ und Umweltkatastrophen als „Wetterkapriolen“ abtun, Kriege als „Interessenkonflikte“ und wirtschaftliche Rezessionen als „klassische Zyklizität oder Saisonalität“ dann verfehlen wir, den jeweiligen Ursprung all dieser Herausforderungen verstehen zu wollen. Doch ohne dieses Verständnis und die proaktive Einbindung aller Beteiligten können wir auch keine ganzheitlichen Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit entwickeln.
Inwiefern spielt da Vielfalt eine Rolle?
Es geht um Vielfalt von Ideen und Meinungen, Vielfalt an Ressourcen, Vielfalt möglicher Lösungsansätze, und die Vielfalt derer, die daran arbeiten.
Wenn du in die Zukunft schaust, welche positiven Dinge könnten auf uns zukommen?
KI kann uns viele Dinge abnehmen, bei denen wir als Menschen keinen entscheidenden, differenzierenden Beitrag leisten können. Dies schafft uns Zeit und Raum, uns stärker mit den wesentlichen menschlichen Fähigkeiten der Empathie, interkulturellen Kommunikation und dem visionären Gestalten auseinander zu setzen, anstatt uns mit repetitiven Tätigkeiten zeitlich und gedanklich zu blockieren. Das ist eine große Chance, denn genau diesen Freiraum braucht es, um innovative und verantwortungsbewusste Antworten auf die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu geben.