Lehren in Zeiten von COVID: Bericht von Michael Kass-Buchberger
Von jetzt auf gleich die Rolle einer Lehrkraft übernehmen – und das ganz ohne pädagogische Fachausbildung: Vielen Eltern ist das im März 2020 aufgrund der Corona-Pandemie passiert. Doch es gibt Menschen, die so eine Herausforderung aktiv suchen: Einer von ihnen ist Michael Kass-Buchberger, Absolvent der FH OÖ und seit 2019 Fellow im Leadership-Programm von Teach For Austria.
Wie viele andere Lehrkräfte wurde auch Michael vom ersten Lockdown kalt erwischt. In seinem Erfahrungsbericht zeichnet er ein Bild davon, wie es ihm gelungen ist, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen, wie er seine Unterrichtsmethoden anpasste - und wie sich die Zusammenarbeit mit Eltern und Pädagog*innen im Laufe der Zeit entwickelt hat. Darüber hinaus spricht er über die Erlebnisse und Erfahrungen, die ihm besonders im Gedächtnis geblieben sind – und gibt Eltern wertvolle Tipps mit auf den Weg.
Teach For Austria stellt Akademiker*innen ohne Lehramtsstudium ein, schult und begleitet sie dabei, zwei Jahre lang an Mittelschulen im Zentralraum zu unterrichten. Das ist schon unter normalen Umständen eine Herausforderung. Ich habe mich dafür entschieden, weil eine gute Ausbildung und damit ein gutes Leben in Österreich nicht für alle selbstverständlich sind. Als am 18. März 2020 der Unterricht plötzlich auf Distance Learning umgestellt wurde, war das für alle eine fordernde Zeit.
Sich Problemen stellen und daran wachsen
Für uns Lehrkräfte war es wichtig, mit den Kindern in Kontakt zu bleiben. Unsere Schule hat rasch reagiert: wir sind in nur 48 Stunden von 10 auf 80 Prozent Digitalisierung gekommen. Über das Online-Portal von Teach For Austria konnten wir uns mit 28 Fellows und Trainer*innen in OÖ austauschen und es gab Workshops zu Online-Tools und digitaler Unterrichtsgestaltung.
Diese Unterstützung in einer Zeit, in der alles ständig in Veränderung ist, ist wichtig. Denn je resilienter wir Lehrkräfte sind, desto besser können wir den Schüler*innen zur Seite stehen. Wenn die Dinge nicht so laufen wie gewünscht, steht für uns im Mittelpunkt: Worauf habe ich Einfluss? Was muss ich als Lehrkraft tun, damit die Schüler*innen am Ende auch im Distance Learning eine bestimmte Fähigkeit entwickeln? Um sie zu motivieren und zu unterstützen, habe ich einen Blog mit Kurzvideos gestartet. Dazu gab es Aufgaben, die per Foto oder Videobotschaft zu lösen waren. Das ist zwar zeitaufwändig, aber die Rückmeldungen waren positiv und ich konnte die meisten Kids sehr gut damit abholen.
Zum Video-Blogger geworden: Michael hat in der Krise YouTube für sich entdeckt
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Der hohe Stellenwert der Eltern
Für mich wurde in dieser Zeit auch deutlich, wie wichtig es ist, dass jemand darauf schaut, dass auch daheim etwas für die Schule gemacht wird. Als Lehrkraft muss ich Struktur in den Unterricht der Kinder bringen und mich selbst gut managen. Es ist auch für betroffene Eltern hilfreich, sich für jeden Tag einen genauen Arbeitsplan zu machen: Was ist zu tun und bis wann? Also am Vormittag z.B. Deutsch-Unterricht und Geografie-Aufgaben erledigen. Dann Mittagspause. Am Nachmittag Mathematik-Arbeitsblätter ausfüllen und hochladen. Dann Freizeit. Dazu Ziele setzen und Belohnungen einplanen.
Inzwischen ist Routine eingekehrt im Distance Learning. Dafür ist es schwieriger geworden, die Motivation hochzuhalten. Deshalb ist es wichtig, dass wir verständnisvoll mit den Kindern darüber sprechen, was sie mental brauchen, um mit der belastenden Unsicherheit und Ungewissheit umzugehen. Ich sehe diese Phase aber nicht als verlorene Zeit! Vielmehr versuche ich meinen Schüler*innen immer wieder vor Augen zu führen, was sie gelernt haben, wie sie ungewohnte Situationen und neue Technologien gemeistert und ein hohes Maß an Selbstorganisation entwickelt haben.
Mein persönliches Resümee
Die Krise hat uns gezeigt, was möglich ist, wenn alle wollen und sich dafür einsetzen. So gab es im Lockdown im Lehrerkollegium mehr Austausch als zuvor im Konferenzzimmer. Ich persönlich schätze die Zeit im Klassenzimmer noch viel mehr als vorher. Schule lebt einfach von der persönlichen Beziehung zwischen Schüler*innen und Lehrkraft. Inzwischen bemerke ich bei manchen soziale Isolation. Deshalb ist es gut, dass Schule wieder in gesichertem Rahmen möglich ist. Unterricht in der Klasse ist viel wirkungsvoller als im Distance Learning vor dem PC!
Der Weg, den Michael eingeschlagen hat, erscheint auch dir reizvoll? Für den nächsten Jahrgang werden in Oberösterreich noch engagierte Fellows gesucht. Die aktuelle Ausschreibung läuft bis 9. Mai 2021. Alle Infos findest du unter: https://www.teachforaustria.at/jetzt-bewerben/
Michael im Kurzporträt
Der gebürtige Mühlviertler Michael Kass-Buchberger hat am FH OÖ Campus Steyr Global Sales Management studiert – mit einem Auslandssemester in Hong Kong – und an der IMC FH Krems einen Master in International Business & Export Management absolviert. „Schon während meiner Schulzeit wollte ich die Welt entdecken und neue Kulturen kennen lernen. Deshalb wählte ich ein Studium, das mich mit Fremdsprachen und der nötigen interkulturellen Kompetenz ausstattete“, so Michael.
Nach dem Studium war er Business Developer bei Teufelberger in Wels und Sales Manager bei EREMA in Ansfelden. „Mir haben die Unterstützung meiner Eltern und ihr Fokus auf Bildung ein gutes Leben ermöglicht. Das ist aber leider nicht selbstverständlich in Österreich. Daher setzte ich mich jetzt bei Teach For Austria dafür ein, dass Kinder, die nicht so viel Glück hatten wie ich, die Chance auf ein gutes Leben haben“, erklärt der Sohn einer Landwirtsfamilie, der im 2. Jahr an einer NMS in Linz unterrichtet.