Neues Josef Ressel Zentrum für Künstliche Intelligenz in Hagenberg: FH OÖ forscht an Innovationen für den Bereich Embedded AI
Künstliche Intelligenz auf verteilten Microcomputern dynamisch anzupassen ist Ziel einer neuen Forschungseinrichtung am Campus Hagenberg der FH Oberösterreich (FH OÖ). Verändern sich Umgebung oder Arbeitsbedingungen, müssen solche Systeme für gewöhnlich adaptiert werden. Hierzu erforscht ein Team in Hagenberg neuartige Methoden, die es Microcomputern erlaubt, sich selbst anzupassen und autonom zu lernen.
Am 8. Mai wurde das Josef Ressel Zentrum für Künstliche Intelligenz für Ressourcenbegrenzte Geräte (kurz, JRZ für Embedded AI) feierlich eröffnet. Dort arbeiten Mitarbeiter*innen der FH OÖ-Forschungsgruppe Embedded Systems Lab mit Partnern aus der Wirtschaft an neuartigen Methoden, um das Trainieren von KI auf Microcomputern ohne eine ständige Internetverbindung zu ermöglichen.
Arbeits- und Wirtschaftsministerium fördert anwendungsorientierte Forschung
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher: „Wenn smarte Geräte wie Gebäudesteuerungen, Heizungen oder Industrieroboter nicht nur ihre Arbeit selbständig verrichten können, sondern mittels Künstlicher Intelligenz auch umlernen und etwa auf geändertes Verhalten der Bewohnerinnen und Bewohner eines Hauses optimal reagieren können, dann sind große Fortschritte in Effizienz und Komfort zu erwarten. Dieses neues JR-Zentrum erforscht die dazu nötigen Methoden und trägt damit zur Stärkung des Standortes Österreich bei. Ich wünsche viel Erfolg!“
Das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW). und die Unternehmenspartner fördern das neue Ressel Zentrum mit insgesamt rund 600.000 Euro.
Die Forscher*innen des Embedded AI Teams unter der Leitung von Dr. Florian Eibensteiner, Professor an den FH OÖ-Studiengängen Hardware-Software-Design und Embedded Systems Design in Hagenberg, wollen damit in den kommenden fünf Jahren den Einsatz von Künstlicher Intelligenz auf verteilten Microcomputer-Systemen durch selbstständiges Training am Gerät revolutionieren. Bezüglich der Optimierung von KI für Microcomputer steht das Team in engem Austausch dem Christian Doppler Labor für Embedded Machine Learning an der TU Wien.
KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert wird
Künstliche Intelligenz trifft Entscheidungen basierend auf einem Trainingsprozess, bei dem ein Modell erlernt, aus bestehenden Daten Muster zu erkennen. Solch ein Muster kann zum Beispiel das Aussehen eines Werkstücks sein, welches von einem Industrieroboter verarbeitet wird. Damit eine KI richtig funktioniert, muss sie beim Training alle vorkommenden Muster gezeigt bekommen, ansonsten erkennt sie diese nicht. Bekommt beispielsweise ein Industrieroboter nun ein neues Werkstück vorgesetzt, das er noch nie gesehen hat, kann er dieses nicht erkennen und verarbeiten. Genau dort setzt die Arbeit des Hagenberger Teams von Dr. Florian Eibensteiner an. Durch neue Verfahren soll es Robotern und anderen Systemen mit Microcomputern ermöglicht werden, selbstständig einen neuen Trainingsprozess während der Arbeit zu starten und neue Muster zu erlernen.
Derzeit müsste zum Lernen neuer Werkstücke ein neues Modell trainiert und anschließend am Roboter integriert werden. Meist erfolgt dieser Prozess so, dass neue Trainingsdaten aufgenommen werden, mit denen anschließend in der leistungsstarken Cloud ein Modell neu trainiert wird. Nach Beendigung des Trainings wird das neue Modell über das Internet in das Endsystem eingespielt. In Zukunft soll der gesamte Trainingsprozess von den verteilten
Microcomputern selbst übernommen werden. Somit werden Daten geschützt, da nichts über das Internet geschickt wird und auch Energie gespart, da Microcomputer viel weniger Energie als ein Cloud-System benötigen.
„Unser Fokus liegt also auf neuen Methoden für das Retraining von KI-Modellen und die Verteilung des Trainings in Netzwerken von Mikrocomputern, unter Wahrung von Privatsphäre und Echtzeitanforderungen. Auf diese Weise können wir ein breites Spektrum von Anwendungen im industriellen Umfeld unterstützen und den Einsatz von KI auf verteilten Mikroprozessor- und Mikrocontroller-Systemen mit begrenzten Ressourcen vorantreiben“, bringt es JRZ-Leiter Florian Eibensteiner auf den Punkt.
Innovationen für Oberösterreichs Wirtschaft
„Industrielle Fertigung ist besonders in unserem produktionsstarken Bundesland Oberösterreich ein zentraler Faktor. Mit dem neuen Josef Ressel Zentrum und seiner Forschung zu innovativen und technisch effizienten Methoden für die Verteilung von selbstständig lernenden neuronalen Netzen in industriellen Anwendungen ist der FH OÖ-Standort Hagenberg einmal mehr Innovationstreiber in Sachen Digitalisierung und kann unserer Industrie einen enormen Wettbewerbsvorteil und Qualitätsvorsprung sichern“, freut sich Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner.
Er wurde bei der feierlichen Eröffnung durch Mag.a Johanna Jachs, Abgeordnete zum Nationalrat, vertreten, die betonte: „Künstliche Intelligenz und Digitalisierung schaffen viele neue Möglichkeiten für Optimierung, auch in Bereichen wie Mensch-Roboter-Kollaboration und Energiemanagement. Das Josef Ressel Zentrum für Embedded AI in Hagenberg wird dazu in Kooperation mit international agierenden oberösterreichischen Unternehmen sowie der forschungsstarken FH Oberösterreich, einen wichtigen Beitrag leisten."
Bei den Feierlichkeiten in Hagenberg mit Univ.Prof. DI Dr. Dr.h.c.mult Martin Gerzabek, Präsident der Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) sowie Gästen aus Politik, Wirtschaft und Forschung bekräftigte auch Keynote Speaker Univ.-Prof. DI Dr. Axel Jantsch, Leiter des Christian Doppler Labors für Embedded Machine Learning, das enorme Potenzial von neuronalen Netzen auf Microcomputern.
Starke Partner aus der Industrie
Geforscht wird im neuen Josef Ressel Zentrum in Kooperation mit den Unternehmen Fronius International GmbH (Solartechnik) und Danube Dynamics Embedded Solutions GmbH. Mit Fronius arbeiten die Hagenberger Forscher*innen an der Optimierung des Energieflusses durch ein ständiges Anpassen an sich änderndes Benutzerverhalten und damit auch konkret an KI-Modellen für Wechselrichter des Unternehmens. Im Fokus der Zusammenarbeit mit Danube Dynamics stehen kollaborative Roboter in der Fertigung. Es wird erforscht, wie ein Netzwerk aus diesen Robotern das Erkennen neuer Objekte selbstständig erlernen kann.
Fünftes Josef Ressel Zentrum in Hagenberg
“Wir starten mit Embedded AI bereits das fünfte Josef Ressel Zentrum an unserer Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien in Hagenberg, ein deutliches Zeichen für die hohe Qualität unserer Forschung“, freut sich FH OÖ-Geschäftsführer Gerald Reisinger.
2008 wurde in Hagenberg eines der ersten drei Josef Ressel Zentren Österreichs, Heureka! für Heuristische Optimierung, eröffnet. 2013 folgte das Ressel Zentrum für User-friendly Secure Mobile Environments, 2018 jenes für Symbolische Regression und 2019 mit adaptOp jenes für adaptive Optimierung in dynamischen Umgebungen. Insgesamt gibt es an der FH OÖ derzeit fünf aktive Ressel Zentren an den Fakultäten in Hagenberg, Steyr und Wels.
Thematisch ist das neueste Josef Ressel Zentrum an der FH OÖ in den fakultätsübergreifenden, interdisziplinären Stärkefeldern Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und Digitale
Transformation angesiedelt, welche als Querschnittsthematik zu allen Center of Excellence fungieren und insbesondere die Expertise von Forscher*innen der Fakultäten in Hagenberg, Steyr und Wels bündeln. Am Campus Hagenberg selbst ist Embedded AI in die Forschungsgruppe Embedded Systems Lab und die Studiengängen Hardware-Software-Design und Embedded Systems Design eingebettet.