Internationale Fachkräfte in Österreich: Was es braucht, damit sie bleiben.
Zum zweiten Mal fand am FH OÖ Campus Wels der Career Talk for Internationals statt. Mit Muna Abdulrahman (Vereinigte Arabische Emirate), Tea Čičak (Kroatien), Dhruv Somani (Indien) und Germanno Longhi Beck (Brasilien) kehrten vier Absolvent*innen der Fakultät für Technik und Angewandte Naturwissenschaften an ihre Alma Mater zurück, um die Erfahrungen zu teilen, die sie am österreichischen Arbeitsmarkt gesammelt haben.
Zu Gast bei der von Assistenzprofessorin Vanessa Prüller moderierten Podiumsdiskussion, war auch Alexandra Schwarz-Greiner von der STIWA Group, die ihre Expertise als HR-Managerin im industriellen Umfeld einbrachte. Mehr als 70 Studierende lauschten gespannt den Ausführungen der Diskutant*innen, stellten selbst viele Fragen und nutzten die Chance, sich im Anschluss beim Buffet mit ihnen zu vernetzen.
Sprachkenntnisse als Schlüssel zur sozialen Integration Einig waren sich alle Diskutant*innen darüber, dass es ohne Deutschkenntnisse sehr schwer bis unmöglich ist, im Berufsalltag zu bestehen und Anschluss in der Gesellschaft zu finden. Der Erwerb und die Entwicklung ebendieser kann auf verschiedene Weise erfolgen:
Dhruv Somani (Trainee bei BMW) schilderte zum Beispiel, dass er mittlerweile besser Dialekt als Hochdeutsch sprechen könne. Germanno Longhi Beck (Developer bei Fronius) berichtete, dass er bei Spaziergängen mit seinem Hund immer wieder mit Einheimischen ins Gespräch komme. Und Tea Čičak (Trainee bei BMW) machte den Studierenden Mut, indem sie diese daran erinnerte, dass sie alle ein technisch-naturwissenschaftliches Studium absolvieren – und das sei schwerer als Deutsch zu lernen.
Wenn Mentalitätsunterschiede zum Kulturschock führen Worauf man sich beim Eintritt in Österreichs Arbeitsmarkt ebenfalls vorbereiten müsse, seien irritierende Erlebnisse. Muna Abdulrahman (Innovationsmanagerin bei BRP-Rotax) erzählt, wie sie bei einem Bewerbungsgespräch nach ihrer familiären Situation gefragt wurde – etwas, das in ihrem Kulturkreis ein Tabu darstellt. Weiters teilte sie ihre Beobachtung, wonach Österreicher*innen eher dazu tendierten, ihre Probleme selbst zu lösen als andere um Hilfe zu bitten. Tea Čičak zeigte sich erstaunt über den höflichen Umgang miteinander bei der Arbeit, welcher sich etwa darin äußere, dass sich Vorgesetzte generell sehr tolerant gegenüber Mitarbeiter*innen verhielten und Kritik eher zurückhaltend und durch die Blume geübt werde.
Und was tut Österreich, um Ausländer*innen zu halten? Einmal mehr kam bei der Podiumsdiskussion heraus, dass man es internationalen Fachkräften nicht leicht macht, hierzulande Fuß zu fassen: Viele Unternehmen scheuen die bürokratischen Hürden, die mit der Beschäftigung von Personen aus Drittländern einhergehen. Es sei daher unerlässlich, die öffentlichen Stellen zu finden, die rechtsverbindliche Auskünfte geben können und sich an diese zu wenden.
Um die Chancen auf ein langfristiges berufliches Engagement in Österreich zu erhöhen, hätten internationale Studierende am Campus Wels jedoch einige Möglichkeiten: Explizit empfohlen wurde von den Absolvent*innen, sich an die Professor*innen zu wenden, die in der Regel über ein gutes Firmennetzwerk verfügen. Ebenso wurde der Besuch der Karrieremessen, welche jeden Herbst an den Fakultäten der FH Oberösterreich stattfinden, nahegelegt, um erste Kontakte zu potenziellen Arbeitgeber*innen zu knüpfen.
Dass es sehr wohl Unternehmen gibt, die sich bemühen, einladende Rahmenbedingungen für internationale Arbeitnehmer*innen zu schaffen, erfuhren die Zuhörer*innen von HR-Expertin Alexandra Schwarz-Greiner. Um Englisch als Alltagssprache zu etablieren, gilt bei der STIWA in Hagenberg die Regel, Tickets an den IT-Support auf Englisch zu verfassen oder Meetings – begleitet durch einen Native Speaker-Coach – auf Englisch abzuhalten. Der Onboarding-Prozess findet auf Wunsch hin ebenfalls auf Englisch statt.
Wissen um kulturelle Unterschiede allein reicht nicht aus Zwar standen beim Career Talk die interkulturellen Unterschiede im Vordergrund. Dennoch gaben die Diskutant*innen den Studierenden auch allgemeine Bewerbungstipps mit auf den Weg. So rieten sie ihnen beispielsweise dazu, sich selbst dann für eine Stelle zu bewerben, wenn sie nur einen kleinen Teil der Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus lieferten sie ihnen ein paar Anregungen, wie sie ihren Lebenslauf gestalten sollten, um die Zielgruppe zu überzeugen und wie sie im Anschreiben vermitteln, warum sie ein Unternehmen interessiert.
Entscheidend sei zudem, im persönlichen Gespräch ehrlich und authentisch aufzutreten. Die private Situation und Schwierigkeiten wie z.B. Probleme mit dem Visum müssten immer offen angesprochen werden, um Hürden rasch aus dem Weg räumen zu können. Mit dem nötigen Willen auf beiden Seiten und etwas Glück klappt es mit dem Einstieg in den Jobmarkt, welcher – wie der Career Talk gezeigt hat – zu einer beruflich und privat erfüllenden Zukunft in Österreich führen kann.