Logbucheintrag 3 aus dem "Golden State": Medical Engineering Studentin Theresa Rohrmoser berichtet vom Campus Davis der University of California
USA als Land der Gegensätze: Spektakuläre Sehenswürdigkeiten neben den sichtbaren Auswirkungen eines mangelhaften Sozial- und Gesundheitssystems
Theresa Rohrmoser studiert im dritten Semester des Masterstudiengangs Medical Engineering (MME) - und sie hat ein Faible für erstrangige Adressen in der akademischen Welt. Sie war bereits zum Austausch am renommierten Karolinska Institut in Stockholm - wir haben an dieser Stelle berichtet - und steckt nun schon vor Ort mitten in den Vorbereitungen für ihr Semester am Campus Davis der University of California (UC).
In loser Folge versorgt sie uns mit Logbucheinträgen aus dem Bundesstaat Kalifornien, der in den USA auch den offiziellen Spitznamen "Golden State" trägt, versorgen.
Hier ist Theresas dritter Bericht:
Ob Sie es glauben wollen oder nicht, an meinem 70. Tag in Kalifornien hat es endlich geregnet. Man kann es gar nicht glauben, wie sehr ich mich auf Regen und etwas Herbstwetter gefreut habe – hoffentlich verschreie ich es nicht und es bleibt nicht für die nächsten 100 Tage regnerisch.
In San Francisco durfte ich schon im September und Oktober ziemlich kühles Wetter erfahren, was umso abwechslungsreicher war, da es in Davis täglich sonnig und heiß war. Den Wetterbericht nie checken zu müssen, sind wir aus Österreich auf jeden Fall nicht gewohnt.
Erschütternde soziale Schieflage in den USA
Die Anzahl und der Zustand der Obdachlosen in San Francisco hat mich schockiert. Das bekannte Obdachlosen-Viertel Tenderloin ist so gut wie nicht mehr betretbar. War es vor 8 Jahren bei meinem letzten San Francisco-Aufenthalt noch möglich durchzugehen, fühlt man sich mittlerweile bereits im Auto bei einer roten Ampel unwohl. Die Gehsteige sind voll mit Junkies, vor denen man per se keine Angst, sondern viel mehr Mitgefühl haben muss. Zelte, Menschenmassen, menschliche Exkremente, soweit das Auge reicht. Und auch in LA, der scheinbar glamourösen Filmstadt, findet man ähnliche Szenarien. Wieso hier so viele Obdachlose sind? Einerseits bietet das wärmere Klima ein ‚angenehmeres‘ Leben auf der Straße, andererseits verlieren Menschen hier nach zu langen Krankenständen - fünf Krankenstandstage im Jahr hat man regulär in den USA, danach werden die zehn Urlaubstage verwendet - ihren Job, können ihre massiv hohen Wohnkosten nicht mehr bezahlen und landen auf der Straße und verfallen der Kriminalität. Autos werden hier regelmäßig geknackt, also nichts im Auto lassen.
Das 1 x 1 des Forscherinnendaseins: Man lernt nie aus
Im Labor konnten erfolgreich die ersten Messungen durchgeführt werden. Bei einem Praktikum in der Forschung an einer Universität lernt man nie aus. Wöchentlich finden Seminare zu verschiedenen Themen der Medizintechnik statt, bei denen man sich einfach reinsitzen und zuhören kann. Monatlich werden Vorträge von den verschiedenen Forschungsgruppen intern für Kolleg*innen anderer Gruppen gehalten, um davon zu lernen können und auch Feedback und Vorschläge zu bekommen. Es ist faszinierend, wie sehr Forscher*innen derselben Forschungsgebiete und manchmal sogar derselben Forschungsgruppe an so detaillierten Problemstellungen arbeiten, dass nicht mal die Kolleg*innen es tiefer als oberflächlich verstehen können.
Sehenswürdigkeiten halten, was sie versprechen
Neben diesen Eindrücken, können aber sowohl San Francisco als auch Los Angeles ihre Versprechen halten, was Sehenswürdigkeiten betrifft. San Francisco mit der imposanten Golden Gate Bridge, den Cable Cars, dem Alcatraz Museum, dem Fisherman’s Wharf, der Lombard Street und Pier 39. Los Angeles mit dem Observatorium inklusive Blick auf das Hollywood-Sign, Walk of Fame, Rodeo Drive, Beverly Hills und Santa Monica Pier. Der Highway 1 entlang der Westküste bietet eine traumhafte Kulisse. Man kommt an den Küstenstädten vorbei, besonders Monterey ist ein bekanntes und beliebtes Küstenstädtchen. Die Küstenstadt Santa Barbara hat eine der schönsten spanischen Missionen zu besuchen und beeindruckt auch sonst mit seiner spanischen Architektur und dem gemütlichen Flair.
Halloween als Fixpunkt im Kalender
Halloween ließ ab dem 1. Oktober sehr stark grüßen: Supermärkte, Vorgärten, Taxis, alles fand sich in orange und schwarz - inklusive Skeletten - wieder. Im Nachbarort Dixon gibt eines der weltweit größten Maisfeld-Labyrinthe, in welchem man sich etwa 2 Stunden und nach Einbruch der Dunkelheit mit Taschenlampen durcharbeitet. Auch ein sogenanntes ‚Kürbis-Patch‘ wo man Kürbisse bewundern und kaufen kann ist dort. Sobald aber das Datum auf den 1. November springt, wird Halloween verabschiedet und die Christmas-Season wird zelebriert. In sämtlichen Einkaufszentren und Geschäften dürfen Weihnachtsdeko und Weihnachtslieder nicht fehlen. Eventuell haben noch manche Geschäfte einen kleine Thanksgiving-Bereich, bevor komplett weihnachtlich dekoriert werden darf.
Andere Wahrnehmung von räumlichen Distanzen
Die bekannten kalifornischen Redwood Mammutbäume konnte ich im Armstrong National Forest bewundern. Die imposanten tausende Jahre alten Bäume vor sich stehen zu haben, ist sehr beeindruckend. Tagesausflüge am Wochenende bei denen man insgesamt etwa sechs bis sieben Stunden im Auto sitzt, gehören in Kalifornien dazu und es ist normal regelmäßig Strecken der Länge Salzburg - Wien zu fahren. Dementsprechend überfüllt sind auch sämtliche Straßen hier.
Einer der schönsten Wochenendtrips, die ich machen konnte, war Campen bei Minusgraden und das Baden unterm Sternenhimmel in ca. 40°C warmen heißen Quellen im Humboldt-Toiyabe National Forest. Bei der Heimreise konnten sogar noch der Mono Lake – ein überwältigender Natronsee, mit weißem Boden aus Salzablagerungen, und die Fahrt über den Tioga-Gebirgspass durch den Yosemite Nationalpark, mitgenommen werden.
Kalifornische Kulinarik
Ein besonders beliebter Tagesausflug ist zur Agrargemeinschaft ‚Apple Hill‘. Dabei kann man über 50 einander nahegelegene Farmen in Placerville besuchen und verschiedene Köstlichkeiten wie Apfelkuchen, Weine, heiße Schokoladen und vieles mehr mit seinen Freunden in der Herbstsonne genießen.
Mittlerweile hat sich auch klimatechnisch der Herbst eingefunden. Die Bäume verfärben sich und es hat nur noch ein kühles Maximum von 15°C, es ist oft sehr windig und manchmal regnet es sogar…