Logbucheintrag 2 aus dem "Golden State": Medical Engineering Studentin Theresa Rohrmoser berichtet vom Campus Davis der University of California
Semestereröffnung als großes Spektakel
Theresa Rohrmoser studiert im dritten Semester des Masterstudiengangs Medical Engineering (MME) - und sie hat ein Faible für erstrangige Adressen in der akademischen Welt. Sie war bereits zum Austausch am renommierten Karolinska Institut in Stockholm - wir haben an dieser Stelle berichtet - und steckt nun schon vor Ort mitten in den Vorbereitungen für ihr Semester am Campus Davis der University of California (UC).
In loser Folge wird sie uns mit Logbucheinträgen aus dem Bundesstaat Kalifornien, der in den USA auch den offiziellen Spitznamen "Golden State" trägt, versorgen.
Hier ist Theresas zweiter Bericht:
"Nachdem etwas mehr als ein Monat meines Aufenthaltes vergangen ist, sind nun die 35.000 Studierenden wieder an den Campus zurückgekehrt für ihr ‚Autumn-Quater‘ - mehr oder weniger das Herbstsemester - und ich kann nur sagen, dass es kein Spaß war, die Radwege mit so vielen Menschen zu teilen und wie in einem Peleton zur Arbeit zu fahren. Viele internationale Studierende haben keinerlei Raderfahrung und ich durfte auch Augenzeugin von Zusammenstößen werden.
In der ersten Woche wurden hunderte Gruppen von Erstsemestrigen durch den Campus geführt, von älteren Studierenden, die mit Schildern bewaffnet waren, damit die "Erstis" sie nicht aus den Augen verlieren. Es war wahrlich ein Spektakel die Moove-In-Week, angelehnt an eine Kuh als Universitätsmaskottchen, mit ansehen zu können. Hunderte von Lotsen am Campus, um die Studierenden und ihre Familie beim Siedeln einweisen zu können.
Die Kommune Davis lebt mit und von den Studierenden, das bedeutet, dass mit Semesterbeginn auch wieder alle Öffnungszeiten ausgeweitet werden. Die Schattenseite ist definitiv, dass man nach der Arbeit weder im Sport-Pool, noch im Fitnessstudio oder auch im Supermarkt Platz findet. Menschenmengen, soweit das Auge reicht.
Bei der Arbeit im Labor hat sich natürlich nach zwei Monaten Einiges getan. Ich darf hier an der Neuentwicklung einer Kombination zweier bestehender Bildgebungsverfahren arbeiten. Dabei werden FLIm (Fluorescence Lifetime Imaging) und PS-OCT (Polarization Sensitive Optical Coherence Tomography) kombiniert. Der Aufbau der Kombination dieser beiden Verfahren wurde bereits realisiert und darf nun Schritt für Schritt validiert werden. Beginnend mit künstlichen Testobjekten aus Kunststoffen, sogenannten Phantomen, weiterführend mit Tierproben und Biopsien aus Operationen. Ziel des Projekts ist es, bei der Operation von Gehirntumoren den Chirurg*innen zu helfen, Tumorgewebe von gesundem Gewebe unterscheiden zu können und so möglichst viel vom Tumor zu entfernen, jedoch möglichst viel gesundes Gehirn unberührt zu lassen.
In Zeiten von Künstlicher Intelligenz befassen sich sehr viele Projekte für Studierenden-Praktika mit der Programmierung und Auswertung, umso mehr freut es mich, dass ich am physikalischen Aufbau der Optiken ‚hands-on‘ mitarbeiten darf. Dabei wurden nicht nur optische Komponenten zusammengebaut, sondern auch teilweise Sonderanfertigung oder Änderungen in der Werkstatt gefräst und geschliffen. Natürlich gehört die softwaretechnische Auswertung auch zu meinem Projekt dazu - trotzdem ist es aber toll, am Projekt vom Aufbau bis zur Anwendung arbeiten zu dürfen.
Meine Betreuer haben beide sehr viele andere Projekte und mein Projekt stellt für sie nur ein Bruchteil ihrer Arbeit dar. Dabei möchte ich als Tipp formulieren, sich als Student*in in einer solchen Situation ruhig zu trauen, die Betreuung einzufordern. Somit wissen die Betreuer nämlich genau, wann ich Hilfe brauche und wann ich selbstständig arbeiten kann. Damit können alle ihre Arbeitsstunden möglichst effizient gestalten.
Abgesehen davon, war es bisher ungewöhnlich heiß. Bis Anfang Oktober waren immer wieder Tage mit über 40°C dabei, was laut den Einheimischen sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit ist. Also auch hier in Kalifornien lässt die globale Erwärmung eindeutig grüßen und Mensch und Natur nur wenig kühle Luft zum Durchatmen.
Besonders der Herbst-Kürbis-Halloween-Fanatismus der Amerikaner*innen passt eher schlecht mit dem heißen Klima zusammen. Bei der Hitze gibt es bessere Kombination als einen heißen Zimtluftstoß vor Supermärkten von den angebotenen Zimtbesen, und auch der viel geliebte "Pumpkin-Spiced-Latte" muss in der geeisten Version genossen werden.
Auch das Oktoberfest eines deutschen Biergartens in Sacramento konnte ich mir nicht entgehen lassen, wobei die Veranstaltung – abgesehen von den hohen Preisen – wenig mit den traditionellen Zeltfesten, wie wir sie kennen, zu tun hatte. Die Besucher*innen waren eher maskiert als gekleidet und anstatt einer Bier-Mass bekam man 0.3-Liter Bier in Plastikbechern.
Nichtsdestotrotz ließ der verlängerte Sommer umso mehr Zeit für Ausflüge in die Natur, wie zum Beispiel Surfen in Santa Cruz, Mountainbiken in Napa-Valley oder Camping im Lassen National Forest. Die Ausflüge, bei denen man den nördlichen Teil des kalifornischen Längstals verlässt, helfen auch beim Abkühlen, da es an der Küste und in anderen nahegelegenen Teilen Kaliforniens nicht so heiß ist".